Erstes Opioid zur Therapie des Restless-Legs-Syndroms zugelassen
Erstes Opioid zur Therapie des Restless-Legs-Syndroms zugelassen
Die Fixkombination aus retardiertem Oxycodon und retardiertem Naloxon (Targin®) wurde Anfang Mai als bislang einziges Opioid für Patienten mit Restless-Legs-Syndrom (RLS) in Deutschland zugelassen. Indiziert ist die Kombination zur Second-line-Therapie des schweren bis sehr schweren idiopathischen RLS, wenn die dopaminerge Therapie versagt hat. Für diese in ihrer Lebensqualität besonders stark beeinträchtigten Patienten existierte bislang keine zugelassene Folgebehandlung. Somit schließt das Opioid eine therapeutische Lücke.
Mit einer Prävalenz von 3 bis 10% gehört das RLS zu den häufigsten neurologischen Leiden und schränkt die Lebensqualität je nach Schweregrad dramatisch ein, versicherte Prof. Wolfgang H. Oertel, Marburg. Charakteristisch ist der exzessive Bewegungsdrang der Beine, der häufig mit Sensibilitätsstörungen einhergeht. Der Bewegungsdrang befällt die Patienten ausschließlich in Ruhe oder in entspanntem Zustand und lässt sich durch Bewegung eindämmen. Die Symptome können auch auf andere Regionen des Körpers übergreifen.
Weil sich die Symptomatik bevorzugt abends und nachts manifestiert, bleiben Schlafstörungen nicht aus. Sie führen zu Tagesmüdigkeit, Konzentrationsschwächen und Erschöpfung physischer wie psychischer Art. "Patienten mit ausgeprägtem RLS sind zudem oft nicht in der Lage, während einer Besprechung oder bei Veranstaltungen ruhig und entspannt sitzen zu bleiben", konstatierte Oertel. Und das kann beruflich wie privat vielfältige Irritationen nach sich ziehen.
Die bisherigen Therapien lindern ausschließlich die Symptomatik
Allgemein gültige Leitlinien liegen bislang nur für das idiopathische RLS vor. Weil es nicht heilbar ist, erlauben die derzeitigen Optionen ausschließlich eine Linderung der Symptomatik. Dafür sind beim therapiebedürftigen primären RLS hierzulande L-Dopa und mehrere Non-Ergot-Dopaminagonisten zugelassen. Zwar ist die Wirksamkeit der dopaminergen Therapien gut belegt, doch wird sie nicht selten durch Nebenwirkungen, Toleranzentwicklung und Augmentation, also die Verstärkung der Symptome, konterkariert. Dass diese Patienten und solche, die auf eine dopaminerge Behandlung nicht ansprechen, mit Opioiden weiter zu behandeln sind, wird zwar seit längerem in den RLS-Leitlinien empfohlen, doch erst jetzt wurde mit der Fixkombination aus retardiertem Oxycodon/Naloxon das erste Opioid zugelassen.
Dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit wurden in einer multizentrischen, randomisierten und placebokontrollierten Phase-III-Studie über einen Zeitraum von zwölf Wochen überprüft. Danach schloss sich die offene Extensionsstudie über 40 Wochen an. Die zunächst gescreenten 495 RLS-Patienten stammten aus 55 Zentren in Deutschland, Österreich, Spanien und Schweden, berichtete Studienleiterin Prof. Claudia Trenkwalder, Göttingen und Kassel (Lancet Neurol 2013; 12: 1141-1150).
Wirksamkeit des Opioids in der Kurz- wie Langzeittherapie belegt
Die Patienten litten seit mindestens einem halben Jahr an RLS-Symptomen, wie auf der IRLS-Skala abzulesen war. Das Kürzel steht für International Restless Legs Syndrome Study Group Severity Rating Scale, die von 0 bis 40 Punkte reicht. Von der Studie ausgeschlossen waren Patienten mit schweren internistischen Erkrankungen oder einer klinisch relevanten und diagnostizierten Schlafapnoe. Die initiale Dosierung von Oxycodon/Naloxon betrug zweimal täglich 5 mg/2,5 mg und konnte flexibel auf maximal 40 mg/20 mg, ebenfalls zweimal täglich, auftitriert werden. Als primäres Zielkriterium diente die mittlere Differenz auf der IRLS-Skala zwischen der Verum- und der Placebogruppe nach zwölf Wochen.
Von den ursprünglich gescreenten Patienten wurden 304 randomisiert auf die Studienmedikation eingestellt. Davon gingen 276 in die Gesamtanalyse ein. Von ihnen hatten 197 auch an der Extensionsstudie teilgenommen. Als die Teilnehmer randomisiert wurden, signalisierte der Mittelwert von 31,6 Punkten auf der IRLS-Skala das Vorliegen eines sehr schweren RLS. Dieser Wert ging unter Verum um 16,5 Punkte und unter Placebo um 9,4 Punkte zurück. Als die Extensionsphase nach einem Jahr beendet war, betrug der mittlere Gruppenwert nur noch 9,7 Punkte. Somit lag nur noch ein mildes RLS vor, das keine Behandlung mehr erforderte.
Trenkwalders Resümee: Die retardierte Fixkombination ist bei schwerem RLS sowohl kurzfristig über zwölf Wochen als auch langfristig über ein Jahr wirksam, und zwar bei Patienten, die unzureichend auf eine Vortherapie reagiert hatten. Das Opioid bietet also eine effektive Second-line-Langzeittherapie für RLS-Patienten, bei denen die meist dopaminerge Vorbehandlung nicht den erhofften Erfolg bringt oder bei denen die einschlägigen Nebenwirkungen auftreten.
Quelle: Pressekonferenz zur Premiere "Fixkombination Oxycodon/Naloxon (Targin): Erstes zugelassenes Opioid für die Therapie des Restless-Legs-Syndroms", München, 5. Juni 2014; Veranstalter: Mundipharma GmbH, Limburg (Lahn) - JournalMed